Grünwald – Die Fraktion der Grünen im Grünwalder Gemeinderat hat darum gebeten, Schadstoffmessungen an verschiedenen Messstellen im Ort durchzuführen. Mit kleinen Behältern, so genannten Passivsammlern, die man an Laternenmasten befestigen kann und die dort ein Jahr lang hängen bleiben. Daran ließe sich ablesen, was für Emissionen entstehen. Hintergrund war eine alarmierende Messung, veranlasst vom Landesamt für Umwelt, die ausgerechnet die Oberhachinger Straße in Grünwald zu den am stärksten mit Stickoxid belasteten Straßen im Landkreis München rechnete (wir berichteten).
Eine solche realitätsnahe Messung in der Oberhachinger Straße ist in nächster Zeit nicht gut möglich. Denn die örtliche Baugenossenschaft will hier im Herbst nächsten Jahres die Riegelbebauung abreißen. Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU): „Die Planung sieht ein massives Abrücken der Gebäude von der Straße vor. Wenn eine Feinstaubmessung zum Zeitpunkt des Abrisses vorgenommen wird, wäre das kontraproduktiv.“ Daher soll nach dem Vorschlag der Verwaltung zunächst eine Detailberechnung zur Stickstoffbelastung durch das Büro Müller-BBM erstellt werden.
Das Landesamt für Umwelt hatte im Landkreis nur in Bereichen messen lassen, die wegen der Verkehrsstärke und der vorgegebenen Randbebauung hohe Stickstoffbelastungen erwarten lassen. In Grünwald ging es ausschließlich um die Oberhachinger Straße zwischen der Josef-Würth- und der Josef-Sammer-Straße. Es gab keine Überschreitung, allerdings wurde der Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter erreicht. Es wurde absichtlich ein Worst-Case-Szenario gewählt, die Realität unter Umständen nicht getroffen. Zum Beispiel wurde eine Windgeschwindigkeit von 1,9 Meter pro Sekunde herangezogen, ein synthetischer Wert.
Eine tatsächliche Überschreitung des Grenzwertes für Stickoxid schließen die Experten von Müller-BBM aus, auch unter der Annahme ungünstigster Bedingungen. Das Landesamt für Umwelt sieht daher keine Veranlassung, die Werte über eine messtechnische Ermittlung zu verifizieren, wie im Gemeinderat deutlich wurde.
Ingrid Reinhart-Maier (Grüne) ist dagegen, jetzt das gleiche Büro mit den Messungen zu beauftragen, das zuvor im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz die Messungen im gesamten Landkreis durchgeführt hat: „Ich ahne, was dabei herauskommt, dass dann die Luft in der Oberhachinger Straße plötzlich ganz super ist.“ Die Gemeinderätin findet, dass auch andere Straßen wie die Südliche und Nördliche Münchner Straße miteinbezogen werden müssten. Sie glaubt, dass am Marktplatz viele Schadstoffe in die Luft kommen: „Wenn man da steht, das ist brutal.“ Hier müsse daher ordentlich und belastbar gemessen werden. Falls die Werte sehr hoch liegen, schlägt sie vor, Maßnahmen zu ergreifen, um eine erzieherische Wirkung zu entfalten: „Wenn die Menschen merken, dass es nicht so toll ist für die Luft, dauernd mit dem Auto hin und her zu fahren, dann verzichten einige vielleicht darauf und nehmen das Fahrrad oder unser Linien-Taxi.“ Tobias Brauner (PBG) kann sich ähnlich wie Achim Zeppenfeld (SPD) vorstellen, die Passivsammler an den Brennpunkten auszuprobieren und geht preislich von 40 000 Euro in einem Jahr aus. Ihn würde interessieren, was wirklich in der Luft ist und nicht, was in Rechenmodellen ermittelt wird.
Für Gerhard Sedlmair (CSU) nicht nötig. Er ärgert sich darüber, dass die angegebenen Werte nur durch einen großzügen Puffer von Maximalannahmen erreicht werden und in Wirklichkeit deutlich darunter liegen dürften: „Wir müssen uns heute eigentlich gar nicht darüber unterhalten. Ich halte es für eine Unverschämtheit, das künstlich hochzurechnen.“ Sedlmair sieht keinen Handlungsbedarf, zumal das Gutachten und das Messen einen Haufen Geld koste. Grünwalder seien auf ihn zugekommen und hätten sich beklagt mit den Worten: „Wollt ihr uns das Autofahren verbieten?“
Mit 13:6 Stimmen entschied sich der Gemeinderat dafür, das Expertenbüro mit einer Detailberechnung zu beauftragen. Nach Fertigstellung der Mehrfamilienhäuser an der Oberhachinger Straße soll entschieden werden, ob eine Messung mit Passivsammlern folgen wird.
Quellenangabe: Münchner Merkur – Süd vom 27.07.2019, Seite 33
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