Abrisspläne lösen in Grünwald Aufstand aus

Quelle: Münchner Merkur – Süd vom 21.02.2023, Seite 30

Grünwald – An der Frage, ob ein Haus des bedeutenden Architekten Sep Ruf in Grünwald abgerissen werden darf, hat sich eine Debatte entfacht, die immer weitere Kreise zieht. Nun hat sich die Sep-Ruf-Gesellschaft eingeschaltet. Die stellvertretende Vorsitzende tritt dem Grünwalder Bauamtsleiter entgegen und korrigiert ihn in der Behauptung, das Haus an der Hugo-Junkers-Straße 1 stamme gar nicht von Sep Ruf. Auch die Fraktion der Grünen, das Landesamt für Denkmalpflege und der Kreisheimatpfleger wollen das charmante Wohnhaus mit dem spitzen Satteldach und den Fensterläden retten.

In der Februar-Sitzung des Bauausschusses wäre beinahe Baurecht für einen Wohn- und Geschäftskomplex mit Tiefgarage an der Hugo-Junkers-Straße 1 besiegelt worden. Einer Bauvoranfrage stand aus Sicht der Verwaltung nichts entgegen – zum Entsetzen der Anwohner, die die Sitzung verfolgten. Bauamtsleiter Stefan Rothörl verwies auf ein Gerichtsurteil, wonach das Verwaltungsgericht 1998 die Hausnummer 1 als einzige im Ensemble der zehn typgleichen Ruf-Häuser an der Hugo-Junkers-Straße aus dem Denkmalschutz herausgenommen hatte. Rothörl und auch Zweiter Bürgermeister Stephan Weidenbach (CSU) reagierten zunächst verblüfft, als im Bauausschuss plötzlich Gegenwind aufkam und Mitglieder der Grünen, der CSU und der FDP für das zehnte Haus des Ruf-Ensembles eintraten. Als im Ausschuss klar wurde, um was für ein architektonisches Juwel es geht, wurde die Entscheidung über die Bauvoranfrage auf den 13. März vertagt (wir berichteten). Nun hat die Gemeinde die Kanzlei Seufert beauftragt, alle baurechtlichen Möglichkeiten zum Erhalt des Hauses auszuloten.

Die Grünen haben inzwischen beantragt, dass die Gemeinde das Haus, das direkt an der Kreuzung zur Münchner Straße steht, unter Denkmalschutz stellen lassen sollte. Das Verhalten der Bauverwaltung sei „unsensibel“ sagt Fraktionsvorsitzende Ingrid Reinhart. „Diese Straße kennt jeder in Grünwald, es ist eine der schönsten, alles andere ist ja größtenteils zum Vergessen.“ Reinhart sieht Gefahr in Verzug: „Im Moment könnte der Bauwerber das Gebäude abreißen und vollendete Tatsachen schaffen. Die Gemeinde muss hier schnell reagieren.“ Die Grünen schlagen vor, dass die Gemeinde Denkmalschutz beantragt und Gespräche über einen etwaigen Kauf mit der Eigentümerin oder dem Investor führt.

Bauamtsleiter Stefan Rothörl hatte zunächst die Position des Bauwerbers verteidigt, dem Baurecht zusteht. Er behauptete jedoch gegenüber dem Münchner Merkur auch, das Haus sei nicht von Sep Ruf geplant worden. In diesem Punkt rudert er nun zurück. „Er ist schon der Architekt“, räumt er ein. Sep Ruf habe die Siedlung in den 30er Jahren im Alter von 27 Jahren gebaut, „er hatte aber noch nicht die Expertise, die er sich später angeeignet hat.“

Die stellvertretende Vorsitzende der „Sep Ruf Gesellschaft“ tritt Rothörl entgegen. Irne Meissner schickt zum Beweis Pläne mit Rufs Unterschrift: „Die Autorschaft von Sep Ruf steht nachweislich und zweifelsfrei fest.“ Die Hugo-Junkers-Siedlung stelle einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung von Sep Rufs Werk dar. Hier werde exemplarisch deutlich, wie er mit einer Wohnanlage baulich Gemeinschaften und Nachbarschaften bilden konnte. „Alle wesentlichen architektonischen Gedanken und architektonischen Elemente, die Rufs spätere Arbeiten kennzeichnen, werden von ihm an der Hugo-Junkers-Siedlung erstmals in größerem Umfang realisiert.“  icb

 

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