Quelle: Münchner Merkur vom 17.02.2023, S. 33
Autor: Marc Schreib
Grünwald – Der historische Wert der so genannten Sep-Ruf-Häuser an der Hugo-Junkers-Straße in Grünwald ist umstritten. Neun davon stehen unter Denkmalschutz, nur eines nicht. Genau dieses aber soll nach den Wünschen seines jetzigen Besitzers abgerissen werden. Es besteht Baurecht. Die Mitglieder des Grünwalder Bauausschusses ließen sich in einer emotional aufgeladenen Sitzung davon überzeugen, nicht einfach den Stempel drauf zu drücken, sondern weitere Informationen einzuholen und zu sehen, ob man das Gebäude vielleicht erhalten kann.
Für Bauamtsleiter Stefan Rothörl ist die Rechtslage eindeutig. Ein diesbezügliches Urteil aus dem Jahr 1998 lasse keinen Zweifel. „Es gilt, es ist unanfechtbar und es ist rechtskräftig.“ Darin steht schwarz auf weiß, dass es sich bei dem Gebäude nicht um ein Baudenkmal handele und der Erhalt nicht im Interesse der Allgemeinheit liege. Aber die Emotionen spielen bei diesem hübschen Gebäude mit Spitzgiebel und Gartenstadtflair eine tragende Rolle. Anwohner hatten im Sitzungssaal auf den Plätzen der Galerie ihre Haltung klar gemacht, das Bauvorhaben an der Hugo-Junkers-Straße 1 verhindern zu wollen.
Aus Sicht der Verwaltung ist eine Neubebauung ohne Berücksichtigung denkmalschutzrechtlicher Belange möglich. Der Bauwerber plant ein Wohn- und Bürogebäude mit Tiefgarage. Dagegen sei nichts einzuwenden. Beim Altbestand handelt es sich aus Sicht von Bauamtsleiter Stefan Rothörl übrigens gar nicht um ein Sep-Ruf-Haus. Rohörl hat nach eigener Aussage viele Gutachten gelesen: Das Haus sei zwar in den 1930er Jahren erbaut worden, aber eben nicht von Sep Ruf. Auch die Planungsgrundlage stamme nicht von ihm. Der damalige Bauträger habe mit Sep Ruf zwar etwas entwickelt, gebaut habe es aber nicht der Stararchitekt. Rothörl: „Man bedient hier eine Geschichte, aber sie ist leider falsch.“
Diese Ansicht ist im Bauausschuss nicht verbreitet. Hier herrscht sehr wohl die Vorstellung, dass Ruf verantwortlich ist für die architektonische Gestalt der Häuschen. Die Grünen-Fraktion, Susanne Kruse und Bettina Schreyer, möchte jedenfalls unbedingt verhindern, dass dieses zehnte Haus des Ruf-Ensembles abgerissen wird. „Uns würde das Herz bluten.“ Auch wenn es da dieses 25 Jahre alte Gerichtsurteil gibt, wodurch eines der zehn Häuser aus dem Denkmalschutz herausgenommen worden ist. Das Haus stehe aber bis heute. Susanne Kruse: „Und es ist das erste Haus der Siedlung, das man bei der Durchfahrt durch Grünwald von der Südlichen Münchner Straße aus sieht. Daher ist es für das Ensemble besonders wichtig.“ Die Grünen haben mit dem Denkmalschutz telefoniert. Da sei man entsetzt von den Plänen, aber auch in Kenntnis des Gerichtsurteils. Bei der Konferenz der Denkmalschützer am Aschermittwoch im Landratsamt soll dieses Gebäude auf die Tagesordnung kommen.
Von einem Denkmalschutzcharakter hatten die meisten Bauausschussmitglieder zunächst keine Ahnung, es kam für sie völlig überraschend. So etwa für Alexander Steininger (CSU). Er hält die Entscheidung des Ausschusses für richtig, das Thema im März noch einmal zu behandeln. „Ich sehe da eine große Brisanz. Urteil hin oder her.“ Man müsse die Möglichkeit haben, in Ruhe eine Prüfung vorzunehmen. Denn wenn es der Tatsache entspreche, dass dieses Haus als einziges im Ensemble nicht in den Denkmalschutz aufgenommen wurde, dann wäre es schade, zuzusehen, wie es weggerissen wird.
Eine gewisse Nähe zum Architekten Sep Ruf hat Michael Ritz (FDP). Immerhin war der Baumeister ein Freund seines Schwiegervaters: „Wenn wir ihn trafen in München an der Ecke Türken-/ Theresienstraße, sagte der Schwiegervater: ,Jetzt gehen wir in das Haus meines Freundes Sep Ruf.‘“ Auch in Grünwald gibt es einige. Ob die Hugo-Junkers-Siedlung dazugehört, darüber wird im nächsten Bauausschuss am 13. März gesprochen.
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