Pressebericht: Süddeutschen Zeitung vom 16.03.2019
Einige träumen vom Ende der CSU-Übermacht
Drei Gemeinderatssitze mehr – es ist eigentlich ein bescheidener Wunsch, der die politischen Gegner von Grünwalds Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) umtreibt. Aber: Drei Gemeinderatssitze mehr für die Parteien neben der CSU – und nichts wäre mehr wie vorher. Dann nämlich stünde es 13 zu 12 zwischen den anderen Parteien und der Bürgermeisterfraktion und es gäbe keine CSU-Übermacht mehr, die weitere sechs Jahre einfach alles durchwinkt, was der Bürgermeister sich wünscht.
Dann wären vielleicht all die Wortmeldungen von SPD, FDP, Parteifreien (PBG) und Grünen nicht mehr gegen die Wand gesprochen. „Unser Ziel ist natürlich, die absolute Mehrheit der CSU im Gemeinderat aufzulösen“, sagt Ingrid Reinhart von den Grünen. „Über viele wichtige Themen wird oft gar nicht diskutiert, weil die CSU ja sowieso die Mehrheit hat. Es wäre ein großer Fortschritt, wenn man sich die Mehrheit für eine Sache mit den anderen Parteien erarbeiten müsste.“ Die Grünen sind hoffnungsfroh: „Wir werden unser Bestes geben und wir sind durch die letzten Wahlen und dem Ergebnis beim Volksbegehren auch sehr optimistisch gestimmt“, so Reinhart. Einen eigenen Bürgermeisterkandidaten stellen sie aber nicht auf.
Drei Sitze mehr – dieses Ziel wollen auch die anderen politischen Gegner Neusiedls anstreben. Das ist ihnen fast wichtiger als ein neuer Bürgermeister, hat Dietmar Jobst, PBG-Gemeinderat und Vorsitzender der Parteifreien in Grünwald, bereits im vergangenen Sommer aus Anlass des 70. Geburtstages der Parteifreien erklärt. Kein Wunder, denn das mit dem anderen Bürgermeister hat seit dem Abdanken von Hubertus Lindner (PBG) 2002 nie auch nur annähernd geklappt.
Schon viele Kandidaten haben seither Niederlagen gegen Neusiedl erlitten: 2002 Dietmar Jobst selbst, 2008 holte sich Helmut Kraus, inzwischen ebenfalls PBG-Gemeinderat, eine Klatsche – er erhielt nur 24,3 Prozent der Stimmen, Jan Neusiedl dagegen 75,6 Prozent. Sein Parteifreund Tobias Brauner war 2014 mit 15,6 Prozent ebenfalls erfolglos. Auch andere Parteien haben in der Vergangenheit vergeblich Bürgermeisterkandidaten aufgestellt. Die FDP versuchte es 2014 mit Michael Ritz. Das ging total daneben: Er erhielt nur 3,9 Prozent der Stimmen. Grünen-Kandidatin Antje Wagner auf kaum bessere 4,9 und SPD-Mann Achim Zeppenfeld mit 5,4 Prozent ebenfalls wenig mehr.
Ein neuer Name könnte dieses Mal allerdings dazu kommen: Christian Geigle, ehemals Vorsitzender der Tennisfreunde Grünwald, einer Ansammlung von Gegnern Jan Neusiedls. Sie eint der Wunsch, in Grünwald Tennis zu spielen und die Wut auf Neusiedl, der einen langfristigen Vertrag mit der Firma Elter Sports über die kommunale Tennisanlage geschlossen hat, ihrer Ansicht nach auch, um diesen Wunsch zu verhindern. Geigle könnte ein Bürgermeisterkandidat werden. Aber welcher Partei? Womöglich einer Wählergruppierung, die es bisher noch nicht gibt? Man kann die Fantasie spielen lassen, welcher Name da passen könnte: Wir in Grünwald? Bürger für Grünwald? Pro Tennis?
Noch herrscht in dieser Angelegenheit „strenges Redeverbot“, so Geigle, doch soll das Geheimnis schon in wenigen Tagen gelüftet werden. Welche Ziele hat Geigle neben einem Tennisplatz für die Tennisfreunde? „Ein langfristiges Verkehrskonzept, das auch über die noch verbleibende Amtszeit und Lebensspanne des Rathauschefs hinausgeht“, verrät er. Über Neusiedl sagt er: „Der hat sich leider sehr zurückgezogen und köchelt im eigenen Saft. Vielleicht ist er sich seiner Sache auch nicht mehr ganz so sicher.“
Das sieht Jan Neusiedl anders. „Ich hab’s vor“, sagt er zu seiner Absicht, wieder Rathauschef zu werden. 2014 wählten 70,2 Prozent der Grünwalder ihren alten Bürgermeister wieder. Und das bei vier Gegenkandidaten. Im Wahlkampf kann er derzeit zwar dieses Mal keine neuen Großprojekte anbieten, aber „eine Konsolidierungsphase ist ja auch mal gut“, findet er.
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