Hoffen auf das Ende

Ein Artikel der digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 29.04.2021
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Landkreis München, 29.04.2021
Von Claudia Vessel

Nach Corona wird alles gut. Dann kann sogar ermittelt werden, ob es eine Fahrradbrücke über die Isar braucht

Ich hoffe, ich erlebe es noch.” Das sagte die Grünwalder Grünen-Gemeinderätin Ingrid Reinhart an einem kühlen Februartag des Jahres 2018 bei einem Ortstermin auf dem Hochuferweg, bei dem es um ihre Idee für eine Fahrradbrücke über die Isar nach Pullach ging. Sie stand an der Stelle, an der eine solche Brücke möglicherweise starten könnte. Die Vorstellung, von dort schnurstracks über den Fluss zur Terrasse des Rabenwirts zu radeln, das vom anderen Ufer winkt, oder in die Eisdiele, war verlockend.

Schon seinerzeit war die Idee zweieinhalb Jahre alt. Den ersten Antrag hatten die Grünen im Juli 2015 gestellt. Bei einer Stadtradeln-Aktion war ihnen erneut aufgefallen, wie mühsam es ist, mit dem Fahrrad die wenigen Kilometer zur Nachbargemeinde zurückzulegen: entweder bergauf radeln oder Treppen hoch schleppen. In der jüngsten Gemeinderatssitzung meldete sich Ingrid Reinhart erneut zu Wort. “Ich traue mich ja eigentlich gar nicht zu fragen”, sagte sie, “aber wie sieht’s denn aus mit der Bedarfsanalyse zur Fahrradbrücke?” Die Antwort: Nachdem im Februar 2019 die Machbarkeit einer Bogenbrücke durch eine Studie der TU bestätigt und viele andere Punkte erledigt worden waren, muss nun noch herausgefunden werden, ob es überhaupt Radler gibt, die Bedarf an der solchen Brücke hätten. Man warte nur noch auf die schöne Jahreszeit, teilte Hauptamtsleiter Tobias Dietz in der Sitzung mit. Sobald die Radler wieder unterwegs seien, solle die Bedarfserhebung starten. Weitere Nachfragen ergaben, dass eine Firma aus Haar beauftragt ist.

Na, dann müsste es doch bald losgehen, an Radlern mangelt es ja inzwischen nicht mehr. Doch nein: Die aktuellen Radler sind leider die falschen, erfährt man in der beauftragten Firma. Denn diese seien Corona-Radler – und das sind ganz andere als die Nicht-Corona-Radler, weil sie aus anderen Gründen und anderswohin radeln. Mit der Bedarfsanalyse könne man daher erst anfangen, wenn Corona und der Lockdown vorbei sind und wieder richtige Radler unterwegs.

Wann ist der Lockdown vorbei? Viele hoffen, sie erleben es noch.

 

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